Montag, 21. Juli 2014

Wer sich ernst nimmt, sät Gewalt!

Es ist Sonntag Morgen. Im Fernsehen läuft "Der Fernsehgarten". Oder so etwas.  Draußen 31 Grad und Sonne. Auf Facebook nur Schönes.
Und dennoch: Wir werden konfrontiert mit Gewalt und Tod.
Der Flugzeugabschuss in der Ukraine. Der Krieg zwischen Hamas und Israel. ISIS, Afghanistan und Syrien. Jawohl Syrien.Gibt's noch, das Töten. Obwohl die Community Syrien vergessen hat, geht dort das Sterben weiter. Der Diktator hat Glück.
Es gibt natürlich noch viel mehr  Gewalt, zum Beispiel in Afrika, aber ich finde, das reicht für einen Sonntag.
Alle diese Gewalttaten entstehen, weil sich bestimmte Menschen oder Menschengruppen sehr sehr ernst nehmen.  Wer sich ernst nimmt, hält andere für nicht so wichtig. . Für nicht so bedeutend. Für falsch. Für eliminierbar.
Sich selbst ernst zu nehmen, das ist in unserer Welt untrennbar mit Erfolg verbunden. Einem sehr zweifelhaften Erfolg. Der auf Überwindung, bestenfalls, und Vernichtung, schlechtestenfalls, des Gegners beruht.
Und alle nehmen sich ernst: Die Separatisten in der Ukraine. Putin und die Mehrheit der russischen Bevölkerung. ISIS. Hamas. Israel. Afghanistan, Assad in Syrien.
Die Folge in diesem Fall: Gewalt und Krieg.

Die Fähigkeit, sich selbst nicht so ernst zu nehmen ist für mich eine der größten menschlichen Fähigkeiten überhaupt. Wer das kann, kann von sich ab sehen. Kann sich selbst reflektieren. Kann die Bedürfnisse und das Leid anderer verstehen. (ohne der gleichen Meinung sein zu müssen).

Er kann zum Beispiel sehen, dass Herr Gysi und die FAZ recht hatten mit der Analyse von Putins Handeln. Putin und eine große Mehrheit der Russen sehen sich seit Zerschlagung der Sowjetunion gedemütigt. Von der Weltmacht zur Regionalmacht degradiert.

Und genau so wurde Russland behandelt, von den USA, die sich schon immer so ernst genommen haben- Und von der EU.
(Natürlich nehmen sich Putin und Russland ebenfalls bitter ernst. Sonst würde Russland nicht versuchen, altes Territorium zurück zu erobern.)
Wer sich sehr ernst nimmt, sieht das Gegenüber nicht mehr und daraus entsteht wie in diesen Fällen Gewalt und Krieg.

Sich selbst nicht ernst zu nehmen, bedeutet nicht Schwäche. Es bedeutet Stärke. Eine andere Stärke. Eine Stärke, die nicht nur das eigene Interesse in dem Mittelpunkt rückt, sondern auch die Interessen anderer. Eine Stärke, die nicht den uralten männlichen Mythen und Mustern von Sieg und Niederlage folgt.
Die neue Stärke des Sich-selbst-nicht-so-ernst-nehmen bedeutet Verständigung, Verständnis, Konfliktbereitschaft und Konfliktbearbeitung. Mit anderen kreativen Mitteln.

Allen oben genannten Kriegs-Parteien geht es Machtdemonstration.  Um Unterwerfung. Um Demütigung.
Es geht ihnen nicht um Krisenbewältigung. Es geht ihnen um Sieg. Die Opfer sind ihnen egal. Sie sind einkalkuliert. Kollateralschäden.Mescneh, deren Leben lange nicht wichtig ist wie das der Kämpfer, Krieger. Der Sich-selbst-ernst-Nehmer.

Deswegen eskalieren Konflikte und Krisen. Weil niemand an  Bearbeitung und Lösung interessiert ist.

Es wird Zeit, dass das sich das Sich-selbst-nicht-so-ernst-nehmen durchsetzt.

Überall.
Man kann es lernen!




Samstag, 19. Juli 2014

Auszeit-Tagebuch Nr.2: FUTSCHI für you, FUTSCHI for me!

Nun bin ich in der dritten Woche meiner Auszeit angekommen. Glaube ich. Die Zeit verschwimmt so, wenn man in den Tag hinein lebt. Der Anfang war ziemlich schwierig. (Wie ich schon an dieser Stelle geschrieben habe.)
Ich weiß jetzt, warum Politiker nicht aufhören können. Arbeit strukturiert, verschafft Anerkennung und jede Menge Emotionen, positiver und negativer. Wie beim Fußball. Nur, dass man selbst ran muss.
Wenn das auf einmal weg ist, muss man den Tag aus sich heraus strukturieren. Und mit sich selbst was anfangen können. Alleine. Alle anderen haben nämlich keine Auszeit. Und da stellt sich dann die höchst philosophische Frage: Wer bin ich denn? Ohne Arbeit? Status? Bin ich wirklich ganz alleine jemand? Oder erhalte ich eine Identität nur durch Zugehörigkeit? Und wenn ja, ist das schlimm? Fragen über Fragen. Die ich weder mir noch Ihnen heute beantworten werde.

Also: Die erste Woche meiner Auszeit war so lala. Um nicht zu sagen: Ich kam gar nicht klar. Dann wurde das Wetter besser und meine Laune. Und weil ich mir eben doch was vornehmen muss, habe ich erstmal eine Alkohol-Pause eingelegt und bin gerade dran das Rauchen zu lassen. Ja, ich weiß, letzteres schreibe ich verhaltener. Das Problem ist, ich muss mich selbst überlisten. Wenn ich sage, ich höre auf zu rauchen, kaufe ich mir sofort einen zwei Packungen. Ich muss mich also selbst aufs Kreuz legen, was ungefähr so schwer ist, wie sich selbst auf den Arm zu nehmen. Übergangsweise versuche ich es mit der E-Zigarette.
Und ich habe mir sehr Veranstaltungen und Ausflugsziele heraus gesucht.
Dienstag war ich zum Beispiel mit einer Freundin in der Monkey-Bar. Nachmittags. Im neuen Bikini-Gebäude. Am Zoo Berlin. 10. Stock. Sensationelle Aussicht auf Tiergarten und Zoo hinten und vorne auf die Gedächtniskirche. Das war am Tag, als die Nationalmannschaft hier am Brandenburger Tor war. Die waren natürlich nicht da. Gott sei Dank! Aber Hitzelsberger saß hinter mir. Trank bescheiden ein Wasser und wurde fast von niemandem angequatscht. Berlin halt.

Gestern war ich im Strandbad Wannsee. Feinster Sandstrand. Saß im Strandkorb und fühlte mich wie in den Ferien. Gut, die anderen Berliner auch. War voll, aber nicht so voll wie Malle. Sehr schön, bin sogar geschwommen. Der Wannsee ist nämlich warm. Weil flach.
Ich nicht. Flach meine ich Und deshalb wollte ich es mal sein. Und bin gestern Abend ins BKA-Theater gegangen. Ich sah ein "Neuköllnical" , also ein Musical über Neukölln. (Das Kabarett befindet sich allerdings in Kreuzberg am Mehringdamm, genau neben diesem Gemüse-Döner-Stand, der in allen Berlinführern empfohlen wird und vor dem 24 Stunden lang täglich Schlangen von jungen Menschen stehen, die alle den gleichen Reiseguide gekauft haben.)
Im Neuköllnical ging es um eine Harz IV-Empfängerin namens Edith, die ein Touri-Hostel gründet, mit allem Nepp, den es so gibt. Es kamen natürlich jede Menge Migranten vor, die Türkin in der Burka, der Inder mit nem Imbiss, zwei Frauen, mittelalt und im Leopardenlook und eine ältere Andrea Berg- Imitatorin. Und eine Sächsin. Totale Klamotte. Saukomisch.
Und dann ertappte ich mich dabei, wie ich mitsang: "Atemlos in Neukölln" und: "F.U.T.SCH.I. One for you. One for me!" Mehrmals hintereinander! So kann es kommen in Auszeiten. Und ich war noch nicht mal erschüttert. War einfach nur lustig.
Heute gehe ich als Ausgleich ins Literarische Colloquium Berlin am Wannsee und schaue mir die Lesungen verschiedener Autoren und verschiedener Verlage an. Am Wannsee. Nicht umsonst, aber draußen.

Und nun natürlich die Frage aller Fragen:
Helfen Auszeiten, um danach wieder Spitzenleistungen zu bringen?
Antwort: Ich habe keine Ahnung. Das werde ich später erfahren. Eines aber ist klar. Auch Auszeiten brauchen Struktur. Irgendeine. Und sie sind eine Herausforderung.  Freiheit ist relativ!
Und braucht Humor. Wie eigentlich das ganze Leben. Weil einfach nie etwas so ist wie einem immer alle versprochen haben!


Freitag, 18. Juli 2014

Humor hilft das Leben zu überleben!


Humor entlarvt. Er verweist  auf  die tiefsten Wahrheiten. Die hinter den Glaubenssätzen der Menschen.
Ich habe vor einigen Tagen eine Reportage über den Krieg Israel und der Hamas im Gazastreifen gesehen. Einer alter, völlig verzweifelter Palästinenser, voller Hass und Schmerz, sagte:
 "Wenn ich jünger wäre, würde ich mir einen Sprengstoffgürtel umschnallen und mich in Tel Aviv in die Luft sprengen."
Es hat mich geschaudert. Nicht wegen des Hasses. Hass gebiert Hass. Nicht wegen der Angst vor dem Tod, die im Gaza-Streifen jeder fühlt. Denn jeden kann die Bombe treffen. Sondern wegen des unfreiwilligen schwarzen Humors und der tiefer liegenden Wahrheit der Ideologie von Sprengstoffattentäter.
Warum? Nun ein alter Mann besitzt  weniger Zukunft als ein junger Mann. Er ist dem Tod natürchlicherweise näher. Die jungen Männer sprengen sich in die Luft, denn ihre Angst vor dem Tod ist druch Ideologie und Verblendung umgewandelt. Aber dieser alte Mann hält sich für zu alt, um zu sterben.  Das ist so unglaublich absurd, das ich nicht weiß, ob ich lachen oder weinen soll.

Obwohl dieser Satz unfreiwillig schwarzen Humor aufweist, zeigt er, wie Humor funktioniert.
Er entlarvt, er zeigt die Wahrheit. Die Wahrheit hinter all den Glaubenssätzen und Ideologien,mit dneen sich Menschen gegenseitig in den Tod treiben oder Krankheit, in Armut und Leid.
Auch, wenn sie, wie so oft, niemand hören will.
Genauso funktioniert übrigens jüdischer Humor und besonders der über den Holocaust:

Im Zug treffen sich ein Rabbi und ein ehemaliger SA-Strumtruppenführer.
Meint der SA-Mann: "Man, Jud, kannst Du mir sagen warum wir den Krieg verloren haben???"
Rabbi :"Ja, wegen der jüdischen Generäle."
SA-Mann: "Aber wir hatten doch keine Juden als Generäle! Das hätt's bei uns nie gegeben!"
Rabbi: "Eben!"


Eine ältere Frau bestellt in einem teuren Jerusalemer Restaurant eine Flasche Wein. "Ich empfehle unseren 94er Cabernet", sagt der Kellner. "Nein. 1994 ist mein Mann gestorben." - "Wie wäre es mit einem 87er?" - "Ungern: Da habe ich erfahren, dass mein Sohn schwul ist." - "Wissen Sie was", sagt der Kellner genervt: "Nehmen Sie doch einfach ein Mineralwasser!" - "Gute Idee", antwortet die Frau, "but without gas - wegen meiner deutschen Oma." 



Humor ist eine Waffe. Und oft die Waffe des Unterlegenen, des Wehrlosen. Denn wer wehrlos ist, ist gezwungen darüber nach zu denken, warum er wehrlos ist. Und so durchschaut er die Welt. Obwohl er leidet. Und muss darüber lachen. Das rettet ihn. Und läßt ihn das Leben  ertragen. Und zu überleben.

"Der Ernst muss heiter sein, der Scherz muss ernsthaft schimmern", sagte Novalis und Schopenhauer: "Je mehr ein Mensch des ganzen Ernstes fähig ist, desto herzlicher kann er lachen."